Unsichtbare Völker werden sichtbar gemacht: Indigene Künstler zeigen ein anderes Bild

Weltweit kämpfen indigene Kunstschaffende für die Sichtbarkeit ihrer Völker. Künstler, die Preise und Oscars gewinnen, nutzen ihre Prominenz, um auf die Rechte indigener Völker aufmerksam zu machen. Taika Waititi, Jason Momoa und Tommy Orange sind nur einige bekannte Persönlichkeiten, die sich dafür einsetzen und ein neues Verständnis für indigene Kulturen in die Welt tragen möchten.

Tommy Orange, Schriftsteller

Tommy Orange kennt den inneren Konflikt einer ganzen Generation entwurzelter Indigener sehr gut. Sein Vater stammt aus einem der Stämme der Cheyenne und Arapaho. In seinem Debütroman «There, There» thematisiert er den Zwiespalt zwischen der Sehnsucht nach der ursprünglichen Kultur und dem Bedürfnis, Teil der modernen Welt zu sein, ohne gleichzeitig als fehlerhaftes Relikt der Vergangenheit angesehen zu werden. Sein Buch schaffte es 2019 in die Auswahl für den renommierten Pulitzerpreis und wurde von Barack Obama persönlich als Lektüre empfohlen. Sein Roman ist Symbol für eine erfolgsversprechende Generation von indigenen Künstler*innen aus aller Welt. Sie wollen sichtbar sein und von der Weltöffentlichkeit anerkannt werden. Oranges Prolog richtet sich an alle Indigene der Welt: «Von den Gipfeln Kanadas und Alaskas bis hin zu der Südspitze Südamerikas wurden wir erst ausradiert und dann auf ein gefiedertes Bildnis reduziert.» 

Taika Waititi, Filmregisseur

Der Māori Taika Waititi aus Neuseeland ist einer der erfolgreichsten und bekanntesten polynesischer Filmemacher. Als erster Indigener der Welt gewann er im Februar 2020 einen Oscar in der Kategorie «bestes adaptiertes Drehbuch» für seinen Film «Jojo Rabbit». Seinen Academy Award widmete er «allen indigenen Kindern auf der Welt, die Kunst machen, tanzen und Geschichten schreiben wollen. Wir sind die ersten Geschichtenerzähler und wir können es auch hierher schaffen.» Bekannt wurde Waititi bereits im Jahr 2017 durch seinen Film «Thor: Ragnarok». Er bestand darauf, acht indigene Praktikant*innen in allen Sektoren der Filmproduktion einzusetzen. Ausserdem liess er zwei Raumschiffe im Film in den Farben der Flaggen der Aborigines und der Māori bemalen.

Jason Momoa, Schauspieler

Der Hawaiianer Jason Momoa gehört ebenfalls zu den berühmteren polynesischen Gesichtern in Hollywood. Bekannt wurde er durch seine Rollen als Khal Drogo in Game of Thrones und als Marvel-Superheld Aquaman. Seine Bekanntheit setzt er regelmässig für die Rechte der Polynesier*innen ein. Seit 2015 unterstützt Momoa die Bewegung «Protect Mauna Kea». Mauna Kea ist ein inaktiver Vulkan mit einem empfindlichen Ökosystem, den die Ureinwohner Hawaiis als heiligen Ort ansehen. Am 10. Juli 2019 wurde der Bau eines grossen Teleskopes, des Thirty Meter Telescope (TMT), auf diesem heiligen Land angekündigt. Momoa unterbrach die Dreharbeiten zu seinem Film Aquaman um den Protesten beizuwohnen und produzierte sogar einen Kurzfilm darüber. Auch Dwayne «The Rock» Johnson beteiligte sich und schrieb auf seinem Instagram-Profil:

«Bei der ganzen Idee dieses Protestes geht es nicht darum, den Fortschritt aufzuhalten. Es geht nicht darum, die Wissenschaft zu stoppen. Es geht darum, eine Kultur zu respektieren und Menschen zu respektieren und die Dinge auf die richtige Weise zu tun.»

Patricia Ferreira Pará Yxapy, Filmregisseurin

Orange, Waititi und Momoa besitzen alle die US-amerikanische und neuseeländische Staatsbürgerschaft. Für indigene Künstler*innen, die nicht aus dem englischen Sprachraum stammen, ist es schwieriger, sichtbar zu sein. Patricia Ferreira Pará Yxapy stammt vom brasilianischen Stamm der Guaraní und setzt sich als eine von drei Filmemacherinnen für weibliche Indigene ein. «Kunst von indigenen Künstler*innen für die indigene Bevölkerungen», sagt sie. «Dies ist Teil eines Dekolonisierungsprozesses.» Seit die ersten Europäer Fuss auf den südamerikanischen Kontinent gesetzt haben, leisten die Guaraní Widerstand. Januar 2019 nahm dieser Kampf mit der Amtseinführung der neuen brasilianischen Regierung eine neue Wende. Landinvasion, illegales Abholzen, rücksichtslose Agrarwirtschaften und diverse Regierungsstrategien sind nur einige Stichworte und Ausreden, um den verursachten indigenen Völkermord schön zu reden. Den Schmerz, den Yxapy fühlt, wandelt sie in Kunst um. 

Claudia Huiaquimilla, Filmregisseurin

Claudia Huiaquimilla gehört zum Stamm der Mapuche in Chile. Auch sie benutzt die Kunst als Form des Protestes. Ihr 2016 veröffentlichter Film «Mala Junta» thematisiert die zahlreichen Morde an Mapuche im vergangenen Jahrzehnt. Er stellt vor allem die Perspektive der jungen Indigenen in Chile dar. 

«Mapuche werden als gewalttätige Alkoholiker in den Zeitungen und Nachrichtensendern beschrieben. Mapuche-Kinder werden in der Schule wegen ihres Aussehens diskriminiert. Wir wachsen so auf, dass wir uns für unsere Mapuche-Wurzeln schämen und versuchen, diese zu verstecken. Aus diesen Gründen habe ich entschieden, dass ich etwas dazu beitragen muss, unsere Geschichte neu zu schreiben. Für all diese jungen Menschen, die die Scham ihrer Grosseltern geerbt haben, und geschlagen wurden, wenn sie ihre eigene Sprache sprachen.»

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