Steigende Fallzahlen, sinkende Motivation – wie die Pandemie Student*innen aufs Gemüt schlägt

Wer hat es schon leicht während dieser Pandemie? Lediglich eine Kurve scheint während dieser Pandemie abzunehmen: meine Motivation. Meine Pendelzeit hat sich drastisch verkürzt. Von der Bibliothek wurde ich ins Zimmer verbannt. Ein Ende der Pandemie scheint nicht in Sicht zu sein und der Bachelorabschluss scheint gleichermassen in die Ferne gerückt zu sein. 

Bereits ein Jahr ist es her, seitdem ich nun mein Home-Studium absolviere. Dies ist mein Rückblick auf ein Jahr Studentenleben während Covid-19. Die anfängliche Freude über längeres Schlafen und Make-up-Freiheit ist einer gewissen Resignation und Lustlosigkeit gewichen. Ganz ehrlich: Zu Beginn war es ja ganz gemütlich. Im Pyjama an der Zoom-Vorlesung teilzunehmen, die Snacks sind links vom Laptop aufgestellt, rechts vom Bildschirm steht der Kaffee griffbereit. Mit der Zeit schleicht sich aber der Alltag ein. 

Am Anfang des Semesters geben sich die Studierenden noch Mühe: Die Kameras sind eingeschaltet. Nach zwei Drittel des Semesters blickt lediglich noch ein Drittel der müden Gesichter in die Kamera. Nie war Uni schwänzen verlockender. Einfach ist es, mit ausgeschalteter Kamera kurz kochen zu gehen oder sich während dem Seminar ein Nickerchen zu gönnen. Hiermit entschuldige ich mich bei Lukas: «Ich fand deine Präsentation wirklich spannend. Aber ich war an diesem Tag auch sehr müde und deine tiefe Stimme war wunderbar beruhigend einschläfernd…»

Mittlerweile kenne ich beide Katzen meiner Dozentin mit Namen und die Zimmereinrichtungen meiner Mitkommiliton*innen in- und auswendig. Es scheint so, als wäre die persönliche Beziehung gestärkt. Schliesslich kennen wir jetzt gegenseitig unsere Schlafzimmereinrichtungen. Natürlich nicht – diese Online-Beziehungen sind nichts für mich. Ich vermisse die spontan geschlossenen Bekanntschaften während dem Anstehen in der Mensa für den eher passablen, lauwarmen Kaffee in Pappbechern. Oder das Sprüche klopfen während dem Warten in der Mensa, gefolgt von der endlosen Suche nach einem Platz in der überfüllten Kantine, wohlwissend dass ich schlussendlich irgendwo im Schneidersitz meine lauwarmen Spaghetti essen werde. Die gut bekannten und gleichzeitig unbeschwerten Ausschnitte meines Unialltags, die einen Hauch von Leichtigkeit in den vollgeplanten Tag brachten, fehlen mir.

Mittlerweile hätte ich sogar nichts dagegen, mich morgens im Stress zu schminken, gleichzeitig meinen ersten Kaffee hinunterzukippen, wie eine Wahnsinnige mit dem Fahrrad zum Bahnhof zu rasen, und dies alles, um mir den letzten Platz in einer überfüllten Bibliothek zu erkämpfen. Die Abwechslung und Hektik fehlen. Die Grenzen verschmelzen, die mentale Vorbereitungszeit für die verschiedenen Tagesabschnitte fehlt. Mein Zimmer ist mein Vorlesungsraum, mein Bibliothek-Lernplatz und mein persönliches Yogastudio. Meine Kaffeepausen verbringe ich alleine an meinem Handy. Nicht das ich das nicht schon vorher gemacht hätte, aber jetzt bleibt mir keine Wahl. 

Mein Zimmer habe ich schon siebenunddreissig Mal umgestellt. Den Winkel meines Tisches und Stuhles ändere ich wöchentlich. Mein Pflanzenbestand erhöht sich regelmässig. Trotzdem scheinen meine Gedanken passiv zu bleiben. Konzentration und Motivation fürs Lernen finde ich kaum. Es spielt keine Rolle, wann ich meine Notizen durchgehe, denn weder ich noch meine Notizen gehen irgendwohin. Die Grenzen zwischen Tag und Nacht verschmelzen. Das Wort «Wochenende» hat schon lange keine besondere Bedeutung mehr, denn die Wochen scheinen endlos.

Manchmal gönne ich mir etwas und nehme den Weg durch die Stadt auf mich, um dann an der Universität oder einer meiner Lieblingsbibliotheken ein paar Stunden zu verbringen. Erschöpft reisse ich mir am Abend die Maske vom Gesicht und freue mich auf meine Pyjamahosen und Kuschelsocken und dass ich die Wahl habe, morgen wieder im Home-Studium zu sitzen. Wie konnte ich das vorher täglich machen? Ganz ehrlich, so eine Pandemie hat schon seine gemütlichen Vorteile.

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