Am Dienstag, 20. Oktober 2020, schoss das nigerianische Militär in der Stadt Lagos auf friedliche Demonstranten der «End SARS»-Bewegung. SARS ist eine Spezialeinheit der nigerianischen Polizei und bekannt für Korruption und Machtmissbrauch. Das Militär streitet das Geschehen vom Dienstag, bei dem 38 Menschen starben, ab.
Was ist SARS?
1984 gründete Fulani Kwajafa die Spezialeinheit der nigerianischen Polizei namens «Special Anti-Robbery Squad (SARS)» , um die zunehmende Kriminalität zu bekämpfen. Zu Beginn befasste sich die Einheit mit Problemen wie bewaffnete Raubüberfälle, Entführungen und Autodiebstähle. Mit der Zeit entwickelte sich SARS aber zu einer korrupten Organisation. Im Juni 2020 berichtete Amnesty International, dass SARS für mindestens 82 Fälle von Folter, Misshandlung und aussergerichtlicher Hinrichtung zwischen Januar 2017 und Mai 2020 verantwortlich ist. SARS-Beamte verhalten sich trotz Reformversprechungen weiterhin korrupt und kommen ungestraft davon.
Die «End SARS»-Bewegung
Seit dem Jahr 2017 nutzen Betroffene den #endSARS-Hashtag, um sich über ihre Erfahrungen mit Übergriffen und Gewalt auszutauschen. Mit dem Veröffentlichen eines Videos auf sozialen Medien gewann die Bewegung anfangs Oktober neuen Aufschwung. Das Video zeigt, wie SARS-Offiziere einen jungen Mann in Nigerias südlichem Deltastaat erschossen. Die nigerianischen Behörden stritten den Vorfall ab. Am 8. Oktober 2020 brachen landesweite Proteste aus. Am 11. Oktober 2020 löste der nigerianische Präsident Muhammadu Buhari SARS auf. Für die Demonstranten war das nicht genug und die Proteste hielten an.
Was am 20. Oktober 2020 geschah
Am 20. Oktober verhängte Babajide Sanwo-Olu, der Gouverneur des Bundesstaates Lagos, eine 24-stündige Ausgangssperre, um die Proteste zu stoppen. Am Abend eröffnete das nigerianische Militär das Feuer auf Tausende der friedlichen Demonstranten an der Mautstelle in Lekki. Dort hatten sie während den letzten zwei Wochen gezeltet. Zeugen berichteten, dass Soldaten das Protestareal vor der Schussabgabe absperrten, Überwachungskameras entfernten und den Strom abschalteten, damit kein Beweismaterial entstehen konnte. Am 21. Oktober 2020 berichtet Amnesty International, dass seit Beginn der Proteste am 8. Oktober 2020 mindestens 56 Menschen gestorben seien, davon 38 am 20. Oktober.
Was sagte die Regierung?
Am Tag nach der Schiesserei sagte Sanwo-Olu lediglich, dass sich ungefähr 25 Menschen bei einem «unglücklichen Schusswechsel» verletzten. Ausserdem ordne er an, die Aktionen des nigerianischen Militärs zu untersuchen. Das Militär veröffentlichte auf seinem Twitter-Account Screenshots von Artikeln über die Schiesserei und kommentierte sie alle mit «fake news». Die Regierung dehnte die Ausgangssperre über Lagos auf andere Städte aus. Am Abend des 22. Oktobers forderte Buhari die Demonstrierenden dazu auf, ihre Demonstration zu stoppen und mit der Regierung nach Lösungen zu suchen. Das Massaker vom 20. Oktober erwähnte er mit keinem Wort.
Nicht nur der ehemalige Senatspräsident Bukola Saraki appellierte an die nigerianische Regierung, die Erschiessungen von friedlichen Demonstranten zu stoppen, sondern auf der ganzen Welt erheben viele Menschen, unter anderem US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden und ehemalige Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton, solidarisch ihre Stimmen.