Musiker wollte der Appenzeller Marius Bear nie werden. Seine tiefe, raue Stimme blieb aber nicht einmal seinen Militärkameraden verborgen. Was mit Strassenmusik in Freiburg beginnt, entwickelt sich weiter bis hin zur Veröffentlichung seines ersten offiziellen Albums in London, wo der Künstler jetzt lebt.
Ein Kollege in der Rekrutenschule legt ihm das Singen nahe. «Als Wachtmeister musste ich ständig herumschreien und herumkommandieren, weshalb ihm meine raue Stimme auffiel.» Doch Marius Bear fällt es nicht leicht, sich an den Gedanken zu gewöhnen vor Menschen zu singen. Deshalb beschliesst er nach Freiburg zu gehen, wo ihn niemand kennt, um dort als Strassenmusiker seine Hemmungen abzulegen. Nach acht Monaten in Freiburg veröffentlicht er 2016 seine ersten Lieder in Berner Dialekt und entscheidet sich danach, den Schritt ins Ausland zu wagen. In New York kann er zwar sein erstes Album aufnehmen, veröffentlicht wird es jedoch nicht. Der Musik fehlt die Seele – Bear stellt fest, dass sein Produzent in Brooklyn seine Visionen nicht wunschgemäss umsetzt. Es folgt ein emotionales Tief, welches gleichzeitig auch den Wendepunkt für seine Karriere bedeutet. Er will die Produktion seiner Lieder selbst übernehmen, um seinen «Raw-Pop» beibehalten zu können und beginnt sein Studium in Musikproduktion an der British und Irish Modern Music School in London. Das Ergebnis lässt sich in seinem gelungenen Mini-Album «Sanity» hören, welches er mit dem Produzenten Reyn Ouwehan in Holland aufgenommen hat und im Juli 2018 veröffentlichte. Das Album «Not Loud Enough» folgte im Dezember 2019.
Die Gelegenheit, an einem seiner Live-Auftritte dabei zu sein, sollten sich seine Fans jedoch auf keinen Fall entgehen lassen. Seine Konzerte scheinen einem strengen Ritual zu folgen: Er betritt die Bühne und streift sich als Erstes Schuhe und Socken von den Füssen. Er singt lieber barfuss, als müsste er sich mit dem Boden verbinden, um seine Stimme voll entfalten zu können. Diese hat es in sich: eine Energie, die sogar den Alpstein erschüttert. Das Gegenstück dazu bilden ruhige Momente, in denen die Zuhörer in den Bann gefühlsschwerer Melodien gezogen werden.
Seine Musik überzeugt auch die Schweiz. Letztes Jahr wurde Bear der Swiss Music Award als «SRF3 Best Talent» verliehen. Die Musikkarriere des Künstlers hat gerade erst begonnen und scheint mit seiner ersten Auszeichnung in der Tasche vielversprechend zu werden. Seine Heimat steht hinter ihm und freut sich über den musikalischen Erfolg des Schweizers.
Für das Jahr 2020 war vieles geplant: Konzerte und Festivals waren arrangiert und das erste Lied bereits geschrieben. Doch Covid-19 durchkreuzt diese Pläne, Bear erkrankt am Coronavirus. Während der Quarantäne schreibt und produziert er neue Lieder. Nach seiner vollständigen Genesung veröffentlichte er am 6. April das Lied «Now or Never», welches dazu aufruft, in schwierigen Zeiten zusammenzuhalten.
Ob mit oder ohne Coronavirus: Wir sind gespannt, was wir als Nächstes von unserem Landsmann hören. Laut wird es bestimmt.